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Dienstag, 17. März 2015

When I Live My Dream

Dienstag, 17. März 2015
Es wird viel gejammert in Deutschland – über die Film und Fernsehbranche. Warum wir nicht solche Serien wie in Amerika hinkriegen würden, unsere Filme langweilig wären oder nur stupide – Til Schweiger lässt grüßen.
Um die ganze Problematik zu verstehen muss man aber erst einmal die Lage unserer Filmszene verstehen.
Deutschland war einst auf dem Weg das heutige Hollywood zu werden – okay, dass war vor dem 2. Weltkrieg bevor ein paar Vollidioten die gesamte Kreativwirtschaft lahm gelegt haben, indem sie deren Vertreter zur Flucht zwangen.
Aber auch danach fand sich Deutschland wieder, in einer Sparte, die wahrscheinlich die besten Filme dieses Landes entstehen ließen. Der „Neue Deutsche Film“.
Fassbinder, Schlöndorff, Herzog, Kluge, Wenders.

Rainer Werner Fassbinder

Die 1960er und -70er Jahre waren der Höhepunkt der nationalen Filmgeschichte. Zerstört vor allem durch den Geschmack der Masse.
Ab den 80ern bekamen die, für ein Filmprojekt essentiellen, Filmförderungen vor allem nur noch Projekte, die dem allgemeinen Wohlgefallen dienten. Weg mit Projekten die vielleicht anspruchsvoll waren aber nur einer Minderheit gefielen – auf, auf die Kommerzialisierung von Kunst war noch nicht weit genug fortgeschritten. Mehr Masse statt Klasse. Geld regiert die Welt, Darling.
Und schon wären wir im „Jetzt“ gelandet.
Filmemachen ist ein Kraftakt. Am Set ist man im Ausnahmezustand. Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Man macht nichts anderes mehr, als für das Projekt, den Film zu leben. Steht ständig unter Strom. Man muss im Zeitplan, in der Dispo bleiben – mehr Geld ist nicht da, ansonsten stirbt, wofür man gearbeitet hat. Und dann... Dann ist Drehschluss. Der Film ist abgedreht.
Die Crew kann gehen. Und warten. Warten auf das nächste Projekt. Ein Projekt das die Förderung bekommt. Ein Projekt mit dem man Geld verdienen kann.

Alice in den Städten - Wim Wenders 1974


Es ist leider ein verklärtes Bild, dass die Masse von der Filmszene hat. Alle geben ihr Herzblut und können dann davon leben. Werden reich und berühmt.
Leider nein.
Die Mehrheit der Schauspieler in Deutschland sind mehr als nur Teilzeitarbeitslose. Den Leuten HINTER der Kamera geht es ganz und gar nicht besser.
Mit viel Glück sind sie ca. 4-5 Monate im Jahr am Set. Das muss reichen. Um sich und die eventuelle Familie zu ernähren.
Kein Wunder warum immer mehr SchauspielerINNEN aus unerfindlichen Gründen aus dem Leben scheiden.
Man kommt zum Film um einen Traum zu verwirklichen. All die Kreativität zu nutzen, die durch die eigenen Adern strömt. Und schließlich nimmt man jeden kleinen Strohhalm, jedes noch so bescheuerte Projekt an, nur um sich die Einzimmer-Wohnung nächsten Monat noch leisten zu können.
Nein, ich bin zum Glück noch nicht in dieser Situation. Aber ich bin wie ich bereits sagte Medienstudentin. Fachbereich: Film.
Allein bei den Kurzfilmprojekten bei denen ich mitgearbeitet habe, habe ich schon genügend solcher Geschichten zu hören bekommen.
Mir macht so etwas Angst. Mich hat es vertrieben.
Ich kann mir ein Leben am Set nicht mehr vorstellen.
Und doch gibt es sie.
Die Menschen, die sich das wirklich antun. Jahrelang. Nie wissend, wie es in einen halben Jahr bei ihnen aussehen wird.
Und diesen Leuten sollte man verdammt nochmal Respekt zollen.
Menschen, die an ein Projekt glauben. Auch wenn es der Masse nicht gefallen wird. Welches womöglich die Produktionskosten nicht wieder reinholen kann.
In Deutschland entstehen noch gute Produktionen.
In den letzten Jahren war „Gnade“ einer dieser Filmen, die es in die Kinos geschafft haben.
Ich hoffe es werden noch etliche folgen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.


5 Kommentare:

  1. Ist das aber nicht überall so? Man steht jeden Morgen auf um am Abend nach Hause zu kommen und festzustellen, dass es eigentlich total sinnlos ist, weil man von dem Geld, dass man verdient hat eh nicht viel hat.
    Es ist erschreckend weshalb ich mich nur selten mit dem Thema befasse :(

    Respekt gilt daher jedem einzelnen, nicht nur den Filmeleuten

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    1. Mag sein, dass bei anderen der Beruf sinnlos erscheint. Mein Anliegen war aber eher darauf aufmerksam zu machen wie unsicher die Filmszene letztlich ist und wie viel Mut man haben muss sich auf dieses Abenteuer einzulassen und tatsächlich seinen Traum zu träumen - trotz der Tatsache, dass man eben nicht jeden morgen aufsteht und zur Arbeit geht - sondern hoffen und bangen muss, dass das nächste Projekt schon kommen wird und das es einigermaßen okay bezahlt wird.

      Film ist da leider tatsächlich nochmal eine Welt für sich

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  2. Wunderbarer Beitrag, vielen Dank dafür! Ich habe auch schon einmal eine Reportage über das doch harte Geschäft der Filmproduktion gesehen; da sieht man, dass die Glamouranteile und Premieren dann eben doch nur die Kirsche auf dem Kuchen sind, der rest ist harte Arbeit.
    Liebe Grüße,
    Missi von Himmelsblau

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  3. Ich bewundere Menschen, die sich dazu entscheiden Schauspieler zu werden und ihr ganzes Herz dort hineinstecken, denn es wirklich schwer rein davon leben zu können und ich denke es bedarf einer MENGE Mut diesen Schritt zu wagen.

    Toller Beitrag!
    Liebe Grüße

    Anita
    http://theapplepig.blogspot.de

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  4. Wirklich toller Beitrag, der so viel Wahres enthält!
    Lg ♡♡

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