In den letzten Tagen hatte ich die
Möglichkeit viel nachzudenken. Über unsere Gegenwart, unsere
Vergangenheit und unsere Zukunft.
Es ist erstaunlich, dass ich mir so
viele Überlegungen machen konnte, schließlich war ich
ununterbrochen beschäftigt. Der Name meines Auftraggebers der
vergangenen Tage erklärt aber vielleicht recht schnell,
weshalb doch so viele Gedanken zusammen gekommen sind.
Ich durfte in den letzten Tagen für
die Gedenkstätte Buchenwald die Jahrestage zur 70 jährigen
Befreiung Buchenwalds filmisch dokumentieren.
Rund 80 Überlebende kamen hierfür
nochmals zurück an einen der Orte (die meisten hatten eine Odyssee
der Grausamkeiten hinter sich bevor sie endlich befreit wurden) an
dem sie lernen mussten wie menschenverachtend der Mensch werden kann.
Ich habe mir wie bereits gesagt viele
Gedanken gemacht, auch im Vornherein.
Wie kommt es, dass Menschen zu solchen
Gräueltaten fähig sind und viel mehr noch: Wenn man wahrhaft und
ernst zu sich selbst ist, hätte man selbst besser gehandelt als die
(Ur-)Großelterngeneration?
Ich meine damit nicht, dass ich denke,
dass ich zu solcher Gewalt bereit wäre, wie sie die Überlebenden
erlebt haben, vielmehr frage ich mich, ob ich nicht selbst noch zu
oft wegschaue – Allein bloß wenn ich einen Obdachlosen auf der
Straße sehe und ihm eben nicht helfe, sondern mit schlechten
Gewissen weiter laufe.
Wie soll es dann erst sein, wenn ich
weiß, dass meine Hilfe, mein Wissen, dass dort neben mir etwas
Unrechtes passiert, mir das Leben kosten kann.
Ich möchte, dass ich couragiert genug
bin, sollte ich jemals in solch eine Situation kommen aber ich kann
einfach nicht sagen, ohne mich selbst zu belügen: Wäre ich damals
in den 40ern dabei gewesen, ich hätte nicht weggesehen!
Petro Mischtuk lernte ich bereits 2013 in Buchenwald kennen |
Die Überlebenden sind solch
wunderbare Menschen. So herzlich und so weise – ich kann es
einfach nicht anders sagen.
Sie haben so schreckliche Dinge erlebt,
dass man meist nicht weiter darüber nachdenken möchte, ob man
selbst noch den Mut zum Leben hätte, wenn man all dies erlebt hätte.
Es wurde viel erzählt in den
vergangenen Tagen und viel überlegt – über uns Menschen.
So viele wunderbare Gedankenansätze,
ich kann sie gar nicht alle aufzählen.
Wichtig war diesen Menschen aber, dass
wir jungen (deutschen) Leute zum einem nicht in Schuldgefühlen
versinken sollen und zum anderen, dass wir selbst die Welt in den
Händen haben.
In dem kommenden Jahrzehnt müssen uns
leider die meisten dieser wunderbaren Menschen die Aufgabe
übertragen, dass so etwas nie wieder passieren darf, vielmehr noch,
dass endlich das Morden für Ideale, das Morden aus Angst vor dem
Anderen, das Ausgrenzen Anderer und das Konfliktaustragen mit Waffen
endlich aufhört.
Diese Menschen haben sich vor 70 Jahren
auf den Appellplatz in Buchenwald geschworen alles für eine Welt in
Frieden und Freiheit zutun, auch wir, als dritte oder gar vierte
Generation danach, sollten alles tun, was in unseren Kräften liegt um
dieser Welt immer ein Stückchen näher zu kommen.
Ich möchte daran glauben, dass
irgendwann niemand mehr auf dieser Welt unterdrückt, gemobbt oder
getötet wird, nur weil er ANDERS ist, als der ANDERE.
Ich fühle mich den Überlebenden
verbunden und bin ihnen dankbar für ihre Arbeit, weshalb ich ihre
Ideale weiter verbreiten möchte und mit diesen Post fange ich damit
an :)
Einer der Überlebenden, Murray
Goldfinger sagte in den letzten Tagen jedes Mal, wenn er mich sah
„Keep smiling!“, denkt man daran, wen man da gerade gegenüber
steht versteht man: Egal was passiert, verlier niemals die Hoffnung
und mach weiter und verlier bitte nicht die Liebe zum Leben und zu
den Menschen. Das zumindest, habe ich daraus gelesen, wenn er mir
verschmitzt „Keep smiling!“ auf dem Flur zu rief.
Danke hierfür, man sollte es sich
tatsächlich öfter ins Gedächtnis rufen.
Danke für diesen tollen Beitrag!
AntwortenLöschenWas du schreibst war gerade richtig berührend für mich.
Du hattest eine tolle Chance mit den Überlebenden zu reden und ich finde es so wichtig, ihre Meinungen/Aussagen/Erfahrungen zu dokumentieren. Denn Fakt ist: Bald gibt es keine Zeitzeugen mehr. Und was da vor noch nicht mal hundert Jahren passiert ist, darf auf KEINEN FALL vergessen werden!
Leider habe ich (hier in Dresden) momentan das Gefühl, dass immer mehr Leute genau das vergessen. Wenn man sich einmal anschaut, wie stark der Rechtsdrall in Europa momentan ist und wie krass der Hass auf Ausländer/Ethnische Minderheiten zunimmt, merkt man einfach wieder, dass die Menschen nicht aus ihren Fehlern lernen... :/
Vielen lieben Dank :)
LöschenGenau diese Themen beschäftigen mich in letzter Zeit auch sehr. Pegida und Konsorten finde so bedenklich, da die Leute sich nun trauen das auszusprechen, was offensichtlich leider lange in ihnen brodelte und sie nun das Gefühl haben, es sei gesellschaftlich wieder akzeptiert so zu denken, ohne vorgehaltener Hand so etwas zu sagen und eben auch ganz öffentlich menschendiskriminierend zu handeln....
Ich stimme dir - vor allem in Bezug auf den letzten Satz - absolut zu! So viele Dinge geraten einfach in Vergessenheit, man sollte sie sich viel öfter ins Gedächtnis rufen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Marie <3
Oh ja, das stimmt wohl :) Man muss wirklich an sich "arbeiten" um die positive Einstellung nicht ab und an zu "vergessen"
LöschenSuper das du dich nicht nur mit den schönen Seiten des Lebens beschäftigst, sondern auch mit solchen Themen! Oftmals geht es mir gehörig auf den Keks, dass es in Blogs nur darum geht wie schön man ist und wie toll das Leben ...
AntwortenLöschenEs gibt auch viele furchtbare Dinge - gerade in der Vergangenheit!
Ich habe dich in meine Favoritenliste gelegt und schaue in der nächsten Zeit sicher öfter mal vorbei!
Liebe Grüße
Justine
Hey Justine,
Löschenoh vielen herzlichen Dank :)
Ja ich finde es leider auch teilweise sehr bedenklich, wenn man sich nur noch selbstinszeniert und damit alles negativ belastete ausblendet - ich habe das Gefühl dadurch verliert man schnell den Bezug zur Realität. Ich bin manchmal aber auch doch etwas negativ und zu grüblerisch, mein Blog ist somit auch ein wenig "Selbsthilfe" zum freimachen für die positiven Seiten des Lebens ;) Eigentlich könnte ich es fast mit dem Denkarium von Dumbledore vergleichen :D
Ein wirklich sehr guter Beitrag. Finde es immer sehr gut, wenn sich Leute auch mal mit nicht so tollen Themen auseinandersetzen und auch über Sachen reden , bei denen viele Menschen wegschauen.
AntwortenLöschenIch kann sehr gut verstehen, dass dich dieser Auftrag sehr zum nachdenken gebracht hat, aber ich bin mir sicher, dass es auch mal gut getan hat sich mit solch einem Thema auseinander zu setzen. Vielen Dank für deinen tollen Text.
Liebe Grüße :)
http://measlychocolate.blogspot.de
Vielen Dank auch für deine Antwort :)
LöschenJa, auf jeden Fall hat mich diese Erfahrung menschlich weiter gebracht! Man spürt sich diesen Menschen wirklich verbunden :)
Wirklich schöner Post der sehr zum Nachdenken anregt.
AntwortenLöschenUnd natürlich eine unglaubliche Chance einmal selber mit Überlebenden reden zu können.
Wunderschöner Post, der trotz der traurigen Thematik irgendwie ein hoffnungsvolles, postives Gefühl hinterlässt. Ich habe auch mal eine Person kennengelernt, die in ein Konzentrationslager überlebt hat und war mehr als überrascht, wie positiv diese Menschen trotz allem Leid ins Leben blicken :)
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Kiamisu
Dankeschön :)
LöschenOh ja, diese positive Einstellung hat auch mich wirklich überrascht, sie hatten alle so große Hoffnungen für unsere Generation, wo man doch eigentlich denkt, diese Menschen müssten jegliches Vertrauen in die Menschheit verloren haben - ich finde es wirklich sehr schön und ermutigend, dass dem nicht so ist :)
Ich finde deinen Beitrag wirklich sehr gelungen. Du schreibst so ehrlich und ich finde mich auch ein kleines bisschen darin wieder - Gänsehaut!
AntwortenLöschenIch kann total verstehen, dass du viel nachgedacht hast - hätte ich sicherlich auch.
Kann man sich das Endresultat irgendwo ansehen? Das fänd ich auch noch total spannend.. :)
Liebe Grüße,
Seija // hey there, Daisy
Hey Seja,
Löschenvielen Dank für den lieben Kommentar :) Leider wird man wohl ausnahmsweise keine Resultate sehen können, da wir für Historiker, genauer für das Archiv der Gedenkstätte gedreht haben, ich habe aber schon überlegt, falls Interesse besteht andere Projekte mal vorzustellen :)
super schöner post :) bringt mich echt sehr zum nachdenken
AntwortenLöschenVielen Dank :)
LöschenDer Post bringt mich auch zum Nachdenken. Ich kann mich meinen Vorpostern nur anschließen. Der Beitrag ist wirklich gelungen und auch sehr schön geschrieben.
AntwortenLöschenLiebst Michelle von beautifulfairy
Dankeschön :)
LöschenIch finds echt toll zwischen dem ganzen Mode- und Beautykram auch mal was über so ein ernstes und wichtiges Thema zu lesen, gerade in Zeiten, wo in Deutschland Flüchtlingsunterkünfte brennen und der schon erwähnte Rechtsdrall in Europa zu beobachten ist!
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Linda
Danke für den Beitrag und die vielen guten Gedanken. Ich bin auch immer wieder darüber überrascht, zu welcher Grösse und welcher Lebensbejahung Menschen fähig sind, die so viel mitmachen und erdulden mussten, in völliger Verzweiflung und Todesangst schwebten.
AntwortenLöschenBei uns heute wird schon bei Nichtigkeiten gejammert und gestritten. Vielleicht schätzen gerade diejenigen das Leben mit allen seinen Facetten, die dem Tode geweiht waren und die darüber sogar über ihre Feinde und Einiger hinwegsehen?